Trainingsmethodik
Wintertraining als Grundlage für den Sommer?
Es ist eine alte Binsenweisheit, dass mit dem Wintertraining die Grundlagen für die Saison gelegt werden. Betrachtet man jedoch die Volkslaufkalender und die großen Marathonveranstaltungen, dann fragt man sich, gibt es überhaupt noch eine solche Trennung. Laufen hat sich in der breiten Masse als Ganzjahressport entwickelt. Eine vernünftige Periodisierung der Wettkampfsaison findet kaum mehr statt, weil die Saison immer ist. Dennoch stimmt die alte Binsenweisheit und es wäre sinnvoll, wenn man für sich selbst das Jahr mit den Wettkämpfen plant. Wie eine solche Planung aussieht, hängt natürlich von der Streckenlänge ab.
Der Marathon ist längst zu einer Herausforderung geworden, der sich immer mehr Menschen stellen, am liebsten im Rahmen eines großen City-Marathon. Die großen Veranstaltungen liegen nun meist im Frühjahr oder im Herbst. Für die Planung des Wintertrainings ist es nicht ganz so entscheidend, ob der Marathon im Frühjahr oder Herbst liegt. Der Winter eignet sich hervorragend um Grundlagenausdauer zu entwickeln.
Entwicklung der Grundlagenausdauer (aerob)
Die Entwicklung und vor allem die Beibehaltung der Grundlagenausdauer ist eine Ganzjahresaufgabe und bleibt nicht auf das Wintertraining beschränkt. Als Trainingsmittel setzen wir den Dauerlauf ein. In der Vorbereitung auf einen Marathon ist dies das entscheidende Trainingsmittel, um die lange Distanz gut zu überstehen. Läufe von 30 bis 33 km sollten in der 12-Wochen-Vorbereitung auf einen Marathon drei bis fünf Mal im Programm stehen. Diese Trainingsform trainiert das Herz- Kreislaufsystem.
Der gesamte Organismus lernt effektiver zu arbeiten. Der lange Dauerlauf (LDL) und der marathonspezifische Dauerlauf sind die besten Trainingsmethoden, um die Muskelausdauer zu entwickeln und zu verbessern. Zusätzlich trainiert wird hierbei der Stoffwechsel. Beim langen Dauerlauf wird die Fettverbrennung aktiviert und ökonomisiert sowie die Effektivität des Kohlenhydratverbrauches erhöht. Folgende Trainingsformen rechnet man zur Entwicklung der Grundlagenausdauer:
Dauer 30 bis 45 min, 60 bis 75 % d. max. individuellen Herzfrequenzen oder ca. 2 min langsamer als der Kilometerschnitt des Wettkampftempos über 10 km; Tabelle mit Herzfrequenzwerten für das Training in den prozentualen Abstufungen.
50 bis 85 min, 80 % d. max. individuellen Herzfrequenz oder ca. 1:30 bis 1:45 min langsamer als der Kilometerschnitt des Wettkampftempos über 10 km;
85 bis 115 min, 60 bis 75 % d. max. individuellen Herzfrequenz oder ca. 1:45 bis 2 min langsamer als der Kilometerschnitt des Wettkampftempos über 10 km
120 bis 180 min, 70 bis 75% d. max. individuellen Herzfrequenz oder ca. 1:45 bis 2 min langsamer als der Kilometerschnitt des Wettkampftempos über 10 km; u.a.
Werden Lactatwerte gemessen, sollte die Lactatkonzentration unter 2 mmol/l liegen.
Andere Trainingsmethoden
Für die Vielzahl der „Hobbyläufer“ beschränkt sich das Training auf die o.g. Varianten. Das ist auch völlig in Ordnung und reicht aus, um einen Marathon erfolgreich zu absolvieren. Eine Gefahr ist allerdings damit verbunden. Nach einer gewissen Zeit der ständigen Leistungssteigerung tritt eine Art „Sättigung“ ein, d.h., der Körper reagiert auf die Trainingsreize nicht mehr mit einer Anpassung. Die Trainingsreize sind dann unterschwellig. Es kann sogar dazu führen, dass die Leistungskurve absinkt. Was ist zu tun? Ich muss dafür sorgen, dass meine Trainingsreize überschwellig werden. Das einfachste Mittel hierfür ist eine Verlängerung der Zeitdauer des Trainings, doch dem sind Grenzen gesetzt. Wie schaffe ich es also, durch im neue Trainingsreize meinen Körper zu einer Anpassung darauf zu bewegen?
Der Tempodauerlauf wird über einen Zeitraum von 30 Minuten bis zu einer Stunde, gelegentlich auch etwas mehr durchgeführt. In der Intensität liegt er etwas (ca. 10 bis 20 Sekunden, 80 bis 90 % d. max. individuellen Herzfrequenz ) über dem aktuellen Wettkampftempo über 10 km. Trainiert man drei bis vier Mal pro Woche sollte man eine Einheit für einen Tempodauerlauf nutzen. Das bringt außerdem etwas Abwechslung in den Trainingsalltag. Liegt ein Wettkampf in der Woche an, dann ersetzt dieser den Tempodauerlauf. In der Lactatkonzentration bewegt man sich hier zwischen 2 und 4 mmol/l., d.h. im Übergang zur anaeroben Schwelle. Zieht man das Tempo noch etwas an, dann wird ein sogenanntes Schwellentraining (Übergang zur anaeroben Schwelle) durchgeführt. Die Lactatkonzentration liegt dann bei 4 mmol/l. Das Tempo ist gegenüber dem Tempodauerlauf nochmals um 5 bis 10 Sekunden schneller. Sinnvoll ist ein solches Training um letztlich ein Anheben der aerob/anaeroben Schwelle zu erreichen. Erreiche ich dies, kann ich damit auch mein Wettkampftempo verbessern. Doch Vorsicht, allein mit „Brettern“ wird man nicht schneller, dennoch gilt es zu beachten, dass mit steigendem Leistungsniveau dichter an der anaeroben Schwelle trainiert wird.
Diese Form der Trainingsgestaltung ist nicht erst seit Emil Zatopek bekannt. Dieses Training soll die Leistungsfähigkeit erhöhen, ist jedoch wegen einer erhöhten Verletzungsgefahr nicht zu häufig anzuwenden. Bekannte und bewährte Programme sind von Woche zu Woche im Wechsel 12×200 m mit 8×400 m. Die Pause zwischen den Läufen wird aktiv (200 m langsames Traben, ca. 1 – 2 min.) gestaltet. Das 400-m-Tempo entspricht dem Wettkampftempo von 5000 m. Die 200-m-Abschnitte werden pro 100 m zwei Sekunden schneller gelaufen als bei den 400-m-Abschnitten. Diese Trainingsform eignet sich besonders für Strecken bis zum Halbmarathon. Bei fünf Trainingseinheiten pro Woche sollte diese Trainingsform nicht mehr als ein Mal auf dem Programm stehen.
Das Spielen mit der Fahrt, mit der Geschwindigkeit steht hinter dieser Trainingsform, die sich besonders für ein profiliertes Gelände eignet. Es gibt keine festen Vorgaben bezüglich des Tempos und der Streckenlänge, auf der dieses gelaufen wird. Nach einer Einlaufphase werden unterschiedlich lange Streckenabschnitte in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gelaufen, wobei man sich vom Profil der Strecke oder dem Gefühl animieren lässt. Das Tempo kann von zügigem Dauerlauf bis hin zu Sprint reichen. Meist benötigt man etwas Erfahrung, um mit dem Fahrtspiel klar zu kommen, da die „gewonnene Freiheit“ (keine Einengung in Zeiten und Distanzen) noch zu ungewohnt ist. Spielerisches Laufen will erlernt sein. Ein Fahrtspiel sollte aber zwischen 60 und 90 Minuten andauern.
Schlussfolgerungen für das Marathontraining
Ein sinnvolles Marathontraining sollte mindestens vier Laufeinheiten umfassen. Schwerpunkt des Trainings ist dabei die Beibehaltung bzw. Weiterentwicklung der Grundlagenausdauer. Bei vier Einheiten wird das Training sinnvoll durch einen TDL ergänzt. Ist man bereit eine fünfte Einheit einzubauen, bietet sich das Intervalltraining bzw. Wiederholungsläufe an. Für das Marathontraining macht es jedoch Sinn, die Streckenlängen zu vergrößern (6x1000m, 3x2000m, 2x3000m, 2x5000m im angestrebten Marathonrenntempo). Die aktive Pause wird dann anteilig verlängert. Nach Bedarf kann auch eine Einheit der Grundlagenausdauer durch ein Fahrtspiel ersetzt werden. Dieser oder jener Wettkampf ist eine willkommene Abwechslung im Trainingsalltag. Grundsätzlich ist zu beachten, dass auf eine belastende eine entlastende Einheit bzw. Pause kommt. Es gilt das Prinzip des Mehrausgleiches (Superkompensation). (Klick auf die Bilder für eine schematische Ansicht des Prinzips der Superkompensation) Vieles hängt jedoch vom angestrebten Ziel ab. Will ich nur finishen oder soll eine neue persönliche Bestzeit angestrebt werden? Je höher meine Ziele sind, desto genauer muss der Plan auf mein Leistungsvermögen und meine individuellen Stärken uns Schwächen abgestimmt werden. Das funktioniert nur mit einen individuellen Trainingsplan. In jedem Falle empfehle ich, ein abwechslungsreiches Training zu absolvieren, schon um die Freude am Laufen zu erhalten. Dabei ist es egal, ob ich eine Bestzeit laufen oder „nur“ als Finisher ins Ziel kommen möchte.